Gelb ist die Mimose unter den Farben.
Die geringste Trübung verwandelt ihr Heiteres, Strahlendes ins Krankhafte, Gallig, Vergilbte. So ist gelb einerseits die kostbare Farbe des chinesischen Kaisers, anderseits die Schandfarbe der Geächteten, Stigmatisierten.
Zwischen den beiden Polen goldgelb und schmutziggelb liegt auch literarisch ein ausgesprochen reizvolles, durchaus beruhigendes, ja bisweilen skandalöses Potential. So wurde zum Beispiel während des Fin de Siècle, den so genannten „Yellow Nineties” die Farbe Gelb zum Schlagwort der künstlerischen Avantgarde. Man bekannte sich zu Gelb, der Farbe, die Grenzen ignoriert und überschreitet.
Quelle:
Akademie für gesprochenes Wort, Stuttgart